Hyaluronsäure in der Parodontologie

Hyaluronsäure in der Parodontologie ist ein Thema, mit welchem sich Prof. Dr. Georg Gaßmann beschäftigt. Nach seiner Zahntechnikerlehre, dem Zahnmedizinstudium und der Promotion entwickelte er rasch seine besondere Leidenschaft für die Parodontologie. Neben einer Reihe anderer Positionen ist er seit 2014 Fachhochschullehrer und Studiengangsleiter für den berufsbegleitenden Bachelorstudiengang Dentalhygiene und Präventionsmanagement zunächst an der praxisHochschule und seit 2018 an der EU/FH Hochschule für Gesundheit/Soziales/Pädagogik am Standort Köln.
Wie beurteilt er eine der jüngsten Innovationen für die Parodontalbehandlung?*

Wie ist die Studienlage zum Einsatz von Hyaluronsäure in der Parodontalbehandlung?

Georg Gaßmann: In der Forschung zur Hyaluronsäure in der Parodontologie ist in den vergangenen zehn Jahren ein exponentielles Wachstum des Interesses am Einsatz von Hyaluronsäure zu verzeichnen, das sich auch in den Publikationszahlen auf PubMed niederschlägt. Insbesondere die Publikation von Hirsch et al., 2022¹ zeigt eine deutliche Steigerungsmöglichkeit in der Erzielung von Sondierungstiefenreduzierungen und Attachmentgewinnen nach drei und sechs Monaten – bei PubMed jedoch als Ariel et al., 2022, falsch gelistet. Dies scheint insbesondere auf die neuartige Kombination der Hyaluronsäure mit Poloxamer und mit Octenidinhydrochlorid (OHC) zurückzuführen zu sein. 

… und wie sind Ihre Erfahrungen in der Klinik?

Die Erfahrungen aus der Klinik zeigen, dass sich Pocket-X® Gel gut mit der Applikationsspritze nach dem subgingivalen Debridement in die parodontale Tasche einbringen lässt. Da es sich um ein thermosensitives Gel handelt, wird es unter Körpertemperatur zähflüssig und verbleibt in der parodontalen Tasche und kann so seine Wirkung nachhaltig entfalten.

Wo sehen Sie die Vorteile in einer Kombination der verschiedenen Inhaltsstoffe wie beim Pocket-X® Gel?

In der Kombination der Hyaluronsäure mit Poloxamer und OHC scheint der Schlüssel für die nachhaltige Wirksamkeit zu liegen. OHC wird seit 1987 als unspezifischer, antimikrobieller, kationischer Wirkstoff aus der chemischen Gruppe der Bipyridine² eingesetzt und wird in 0,1 bis 2%iger Konzentration als Desinfizienz eingesetzt. Es zeichnet sich durch eine hohe Remanenzwirkung aus. Poloxamer 407 verfügt über thermogelierende Eigenschaften, da es bei Raumtemperatur eine niedrige Viskosität aufweist und bei Körpertemperatur in der Parodontaltasche geliert. Dadurch wird sichergestellt, dass die Taschen kurz nach der Anwendung versiegelt sind. Das Gel bildet eine vorübergehende physikalische Barriere und stabilisiert das Blutgerinnsel. Wie wir schon lange wissen, ist Hyaluronsäure in allen parodontalen Gewebskomponenten enthalten und ein wesentlicher Bestandteil des subgingivalen Bindegewebes der Mundschleimhaut und der Gingiva³. Wir finden es auch in hoher Konzentration im unstimulierten Speichel.

"Dabei entfaltet es seine wundheilungsfördernden, entzündungshemmenden und antiödematösen Eigenschaften – beschrieben beispielsweise bei Vanden Bogaerde, 2009⁴ oder Engström et al., 2001⁵."

Sie konnten bereits einige Zeit mit Pocket-X® Gel arbeiten – wo sind die wesentlichen Unterschiede zu den bisherigen Therapieansätzen?

Wesentliche Unterschiede bestehen in der einfachen Applizierbarkeit durch die niedrige Viskösität bei Applikation und durch die Thermosensitivität bedingte, schnelle Gelierung in der parodontalen Tasche, der Remanenzwirkung durch das OHC, keiner potenziell schädlichen systemischen Wirkung und der günstigen Kosten.

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Einfachheit der Anwendung und die Möglichkeit der Delegierbarkeit an die DH, ZMP, ZMF oder ZFA?

Das Produkt eignet sich zur adjunktiven Verwendung sowohl in der AIT als auch in der Erhaltungstherapie. Insofern zahnärztliche Leistungen aus diesen Bereichen an das entsprechend geschulte zahnmedizinische Assistenzpersonal delegiert wird, ist auch die atraumatische Applikation dieses Produktes delegierbar und erweitert damit das Leistungsfeld für das zahnmedizinische Assistenzpersonal in der Dentalhygiene.

Referenzliste

1. Ariel H, et al.: Clin Oral Investig. 2022 Apr;26(4):3721-3733.
2. Koburger T, et al.: J Antimicrob Chemother. 2010 Aug;65(8):1712-9.
3. Tammi R, et al.: Arch Oral Biol. 1990;35(3):219-24.
4. Bogaerde LV, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2009 Jun;29(3):315-23.
5. Engström PE, et al.: J Periodontol. 2001 Sep;72(9):1192-200.

* Erstmals veröffentlicht von pip Redaktion Berlin | 05.06.2023 | PIP FRAGT, Firmenportraits, Geistlich Biomaterials