„Die richtige Kollagenmembran kann die klinischen Ergebnisse verbessern“
Interview mit Dr. R. Gilbert Triplett und Dr. Jay P. Malmquist
Im Jahr 2020 haben Dr. R. Gilbert Triplett und Dr. Jay P. Malmquist das Weißbuch Kollagen (Collagen White Paper) veröffentlicht. Bislang wurden das Weißbuch mehr als 8.000 mal heruntergeladen oder von der Osteo Science Foundation verschickt.
Dr. Triplett, Dr. Malmquist, warum haben Sie das Weißbuch Kollagen geschrieben?
Dr. Malmquist: Ich hatte das Gefühl, dass wir eine objektive Quelle brauchen, um Kollagene und Biomaterialien, die Kollagen enthalten, besser zu verstehen. Bei der Entwicklung der gesteuerten Knochenregeneration und der Diskussion über Barrieren im Vergleich zu Membranen ging es immer auch um Kollagen als „Barriere der Wahl“. Aufgrund der Bedeutung von Kollagen in der Implantologie und dem fehlenden Wissen vieler Fachleute über Kollagen als Hilfsmittel war ich der Ansicht, dass Kollagenprodukte weiter erforscht werden sollten.
Dr. Triplett: Kollagen ist eines der in der Zahnheilkunde und Medizin am häufigsten eingesetzten Biomaterialien und dennoch wissen wir nur sehr wenig über Kollagenprodukte und wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit sind rar. Es gibt nur wenige Vergleichsstudien, in vielen Fällen beruhen die Aussagen zur Wirksamkeit der Hersteller daher auf Erfahrungsberichten. Ein Beispiel: Es wurde nicht immer überprüft, wie lange Membranen funktionieren, oder wann sie vollständig resorbiert sind. Zahnärzte und Zahnärztinnen haben häufig keine Zeit, um ihre Ergebnisse kritisch zu bewerten. Daher wollte ich an der Erstellung dieses Weißbuchs mitwirken, um mein eigenes Wissen und auch das Wissen unserer Kolleginnen und Kollegen zu erweitern.
Warum Kollagen?
Dr. Malmquist: Eine gute Frage. Mich hat Kollagen interessiert, weil es das „Material der Wahl“ für Barrieren bei Augmentationen ist. Wenn man sich die Produktinformationen, die Werbung und die vielen falschen Angaben zu Kollagen ansieht, fällt sofort auf, wie groß die Wissenslücke ist. Und wenn dann noch jemand behauptet, dass alle Kollagene gleich seien... daher haben wir das Weißbuch geschrieben – weil wir zeigen wollten, dass es Unterschiede gibt. Es gibt Zahnärztinnen und Zahnärzte, die ihre Materialien nur nach Preis einkaufen. Nur wenige wissen, wie Kollagen den Heilungsprozess beeinflussen kann, oder welche „echten Kosten“ ihre Ergebnisse verursachen. Vielen ist auch nicht klar, dass es viele unterschiedliche Kollagene gibt, und sie wissen ebenfalls nicht, wie Kollagene die Regeneration beeinflussen. Wir hoffen, dass dieses Weißbuch hier helfen kann.
Dr. Triplett: Kollagene werden sehr häufig eingesetzt und können bei der Geweberegeneration als Träger für Proteine, Wachstumsfaktoren und lebende Zellen dienen. Dennoch wissen viele Fachleute nicht, welches Produkt sie verwenden sollten. Häufig fehlen wissenschaftliche Nachweise.
Wie lauten die wichtigsten Aussagen des Weißbuchs?
Dr. Malmquist: Dass Kollagene sehr komplex sind, die Heilung unterstützen können, und sich sehr unterschiedlich verhalten. Am wichtigsten ist sicherlich, dass es sehr viele unterschiedliche Kollagene gibt, die sich auch sehr unterschiedlich verhalten. Gewinnung, Quervernetzung und Verarbeitung sind die Schlüsselelemente des Verhaltens von Kollagen.
Dr. Triplett: Es gibt Kollagene, die speziell für die Hämostase, zur Stabilisierung des Blutkoagels, für eine schnelle Angiogenese/Vaskularisierung und zur Unterstützung der Heilung von Weich- und Hartgeweben eingesetzt werden können. Das richtige Kollagen und die richtige chirurgische Technik können zu besseren Ergebnissen ohne Komplikationen oder Morbidität führen, während sie gleichzeitig kosteneffizient sind und eine bessere Versorgung ermöglichen.
Sie fordern, dass Hersteller „[...]verstehen und Nachweise dafür erbringen sollten, wie ihre Kollagene mit heilenden Geweben interagieren, insbesondere dann, wenn ihre Kollagen-Biomaterialien dazu in der Lage sind, regenerative Ergebnisse zu liefern.“ Warum sind die regenerativen Ergebnisse so wichtig?
Dr. Malmquist: Die Regeneration ist ausschlaggebend für verbesserte Ergebnisse. Die entscheidende Frage lautet also, ob Kollagen eine geeignete Regenerationsplattform bietet. In den meisten Kollagen-Indikationen wird darauf hingewiesen, dass Kollagen im Rahmen von FDA-Protokollen als Hilfsmittel für die Heilung eingesetzt werden kann. Trotzdem geben Hersteller Empfehlungen für weitere (Off-Label-)Anwendungen, ohne diese ausreichend durch Nachweise zu stützen. Meiner Ansicht nach ist das nicht korrekt. Leider gibt es diese irreführenden Informationen nicht nur bei Kollagen, sondern auch bei Knochenersatzmaterialien. Alle Aussagen sollten immer durch wissenschaftliche Nachweise gestützt werden.
Was raten Sie jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die versuchen, sich im Dschungel der verschiedenen Biomaterialien zurechtzufinden?
Dr. Malmquist: Treffen Sie Entscheidungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Verwenden Sie nur Produkte und Techniken, deren Wirksamkeit und Nutzen wissenschaftlich erwiesen sind, und die reproduzierbare Ergebnisse liefern. Hände weg von Kunstgriffen und Pseudowissenschaft. Lernen Sie, wie Produkte sich in den Heilungsprozess einfügen. Verzichten Sie auf Produkte, für deren Wirksamkeit es keine wissenschaftlichen Nachweise gibt. Ein Beispiel: Enthält gefriergetrockneter allogener Knochen knochenmorphogenes Protein? Wahrscheinlich nicht, und dennoch findet man diese Aussage häufig in Werbeprospekten und Firmenunterlagen. Seien sie sich bewusst, dass es falsche oder irreführende Informationen gibt, suchen Sie nach Nachweisen, hören Sie auf Fachleute und stellen Sie sicher, dass keine Interessenskonflikte bestehen...erhält jemand Geld für eine Aussage? Seien Sie kritisch. Verwenden Sie nur Produkte, deren Wirksamkeit und Nutzen wissenschaftlich nachgewiesen und belegt sind.
Wie sieht die Zukunft für Kollagen-Biomaterialien aus, und wie werden diese Materialien die kommende Generation von Zahnärzten, Zahnärztinnen, Patientinnen und Patienten beeinflussen?
Dr. Malmquist: Die Zukunft hat erst begonnen. Mit 3D-Druckern gedruckte Strukturen werden allgegenwärtig sein und zusammen mit verschiedenen Antibiotika, Wachstumsfaktoren und Knochenproteinen eingesetzt werden. Sie werden auch als Zellträger dienen, deren bioaktive Oberflächen Zellen rekrutieren, um eine schnellere und bessere Heilung zu ermöglichen. Die Zukunft bietet unendlich viele Möglichkeiten. Das Zusammenspiel von Wissenschaft und Regeneration und die Verbesserung der Ergebnisse wird künftig nicht nur Produkte beeinflussen, sondern auch unser Leben. Grundlage vieler dieser Projekte wird Kollagen sein. Kollagen zu verstehen bedeutet daher, die Zukunft der Regeneration in Medizin und Zahnmedizin zu verstehen.
Dr. Triplett: Neben der aktuellen Verwendung als Barrieremembranen, Hämostatika usw. wird der Einsatz von Kollagen im Tissue Engineering zu tiefgreifenden Veränderungen führen. Kollagengerüste wirken nachweislich auf die zelluläre Aktivität und dienen somit eher als aktive denn als passive Vermittler, die biologische Wechselwirkungen anstoßen und zur Verbesserung der Leistung von biologischen Systemen beitragen.
Wird es noch mehr Veröffentlichungen der Osteo Science Foundation wie das Weißbuch Kollagen geben?
Dr. Malmquist: Ja, auf jeden Fall. Die Osteo Science Foundation ist davon überzeugt, dass auch Arbeiten zu Wachstumsfaktoren, Blutmodifikatoren und mit diesen zusammenhängenden Produkten nötig sind, um dieses Thema noch weiter zu erforschen. Der einzige limitierende Faktor ist hier die Zeit. Talent für die Realisierung ist auf jeden Fall genug vorhanden.
Dr. Triplett: Auf jeden Fall. Dies ist erst der Anfang.
Sie können das Weißbuch Kollagen (Collagen White Paper) hier herunterladen: www.osteoscience.org/advances